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Urteil Obergericht (BE)

Zusammenfassung des Urteils ZK 2013 230: Obergericht

Die Beschwerdeführerin A AG forderte den Beschwerdegegner B zur Zahlung einer Forderung nebst Zinsen auf. Das Regionalgericht Bern-Mittelland wies die provisorische Rechtsöffnung ab. Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte diese Entscheidung, da der Konsumkreditvertrag nicht den pfändbaren Teil des Einkommens gemäss den gesetzlichen Vorschriften angab. Somit wurde die Rechtsöffnung für die Verzugszinsen abgelehnt.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK 2013 230

Kanton:BE
Fallnummer:ZK 2013 230
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid ZK 2013 230 vom 29.08.2013 (BE)
Datum:29.08.2013
Rechtskraft:Der Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 82 SchKG, Art. 9 Abs. 2 lit. j KKG, Vertragsinhalt
Schlagwörter : Konsum; Recht; Konsumkredit; Vertrag; SchKG; Rechtsöffnung; Konsumkreditvertrag; Konsument; Einkommens; Schriftstück; Kredit; Entscheid; Bestandteil; Vertrags; Rechtsöffnungstitel; Konsumenten; Budgetberechnung; Oberrichter; Kreditfähigkeitsprüfung; „Einzelheiten“; Beschwerdegegner; Rechtsvorschlag; Verzugszinsen; I-Staehelin; Parteien
Rechtsnorm:Art. 82 KG ;Art. 84 KG ;Art. 93 KG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZK 2013 230

ZK 2013 230 - Art. 82 SchKG, Art. 9 Abs. 2 lit. j KKG, Vertragsinhalt

ZK 13 230, publiziert November 2013

Entscheid der 2. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern


vom 8. August 2013


Besetzung

Oberrichter Vicari (Referent), Oberrichtern Apolloni Meier und Oberrichter Studiger
Gerichtsschreiberin Mosimann

Verfahrensbeteiligte

A AG
Gesuchstellerin/Beschwerdeführerin

gegen

B
Gesuchsgegner/Beschwerdegegner



Gegenstand
provisorische Rechtsöffnung

Beschwerde gegen den Entscheid des Regionalgerichts Bern-Mittelland vom 10. April 2013



Regeste:
• Art. 82 SchKG, Art. 9 Abs. 2 lit. j KKG
• Gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. j KKG muss der Vertrag den pfändbaren Teil des Einkommens, der der Kreditfähigkeitsprüfung nach Art. 28 KKG zu Grunde gelegt worden ist, angeben. „Einzelheiten“ können in einem vom Konsumkreditvertrag getrennten Schriftstück festgehalten werden, das einen integrierenden Bestandteil des Vertrags bildet.

Redaktionelle Vorbemerkungen:
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für eine Forderung nebst Zins betrieben. Nach Zustellung des Zahlungsbefehls erhob der Beschwerdegegner „Teil-Rechtsvorschlag“. Auf separatem Schreiben erklärte der Beschwerdeführer: „Ich möchte Rechtsvorschlag machen wegen Verzugszinsen“. Gegen die geltend gemachte Forderung wurde somit kein Rechtsvorschlag erhoben.


Auszug aus den Erwägungen:
(...)
IV.
( )
2. Die Vorinstanz hat den von der Beschwerdeführerin als Rechtsöffnungstitel eingereichten Vertrag zu Recht als Konsumkreditvertrag qualifiziert (siehe dazu die Ausführungen der Vorinstanz in Ziff. 6 des Entscheids vom 10. April 2013, pag. 17 ff.).
3. Der Konsumkreditvertrag bildet grundsätzlich einen tauglichen Rechtsöffnungstitel für die Rückzahlung des Darlehens sowie die Bezahlung von Verzugszinsen, insbesondere wenn sie ausdrücklich vereinbart wurden (vgl. BSK SchKG I-Staehelin, N. 122 zu Art. 82 SchKG und N. 31 f. zu Art. 82 SchKG). In Ziff. 5 der Vertragsbedingungen haben die Parteien vereinbart, dass der Kreditnehmer im Verzugsfall auf dem ausstehenden Betrag bis zur Tilgung weiterhin den im Vertrag aufgeführten Zins und somit 13.95 % Zins schuldet (GB 2 bzw. BB 3).
4. Das Rechtsöffnungsverfahren untersteht jedoch einer beschränkten Untersuchungsmaxime. Das Rechtsöffnungsgericht hat auch bei Abwesenheit Schweigen des Schuldners aufgrund der Angaben der Parteien und der von ihnen eingereichten Unterlagen von Amtes wegen zu prüfen, ob ein Rechtsöffnungstitel vorliegt (BSK SchKG I-Staehelin, N. 50 zu Art. 84 SchKG). Ein Rechtsöffnungsgesuch ist von Amtes wegen, ohne dass es einer entsprechenden Behauptung des Schuldners bedürfte, abzuweisen, wenn sich aus der Schuldanerkennung selbst deren Nichtigkeit ergibt. Die Nichtigkeit ist vom Gericht indes nur zu beachten, wenn sie entweder aus der Schuldanerkennung selbst hervorgeht, wenn die entsprechenden Nichtigkeitsgründe vom Schuldner glaubhaft gemacht werden. Dabei darf es sich auf eine summarische Prüfung beschränken (BSK SchKG I-Staehelin, N. 48 f. zu Art. 82 SchKG).
5. Vorliegend ist somit zu prüfen, ob die Formund Inhaltsvorschriften des KKG gemäss den Art. 9 - 11, 12 Absätze 1, 2 und 4 lit. a, sowie gemäss den Art. 13 und 14 KKG eingehalten sind. Wird eine werden gar mehrere dieser Bestimmungen verletzt, ist der Konsumkreditvertrag nichtig (Art. 15 KKG).
6. Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Konsumkreditgesetz vom 20. März 2001 verfolgt - nebst der Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für Konsumkreditgeschäfte - das Ziel, den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten zu verbessern. In der Botschaft wird dazu ausgeführt, dass namentlich diejenigen Konsumentinnen und Konsumenten zu schützen sind, die nicht in der Lage sind, ihre wirtschaftliche Situation richtig einzuschätzen, bzw. die nicht der Versuchung widerstehen können, einen für sie ruinösen Konsumkredit zu beanspruchen (Botschaft betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über den Konsumkredit vom 14. Dezember 1998, BBl 1999 3155 ff., S. 3165).
Mit der Revision des Konsumkreditgesetzes wurde eine gesetzliche Kreditfähigkeitsprüfungspflicht zur Vermeidung der Konsumentenüberschuldung eingeführt (Art. 28 KKG; vgl. Koller-Tumler, Konsumkreditverträge nach revidiertem KKG eine Einführung, in: JKR 2002, S. 11 f.). Ein Konsument soll nur dann einen Kredit aufnehmen können, wenn er kreditfähig ist. Dies ist dann der Fall, wenn er den Konsumkredit zurückzahlen kann, ohne den nicht pfändbaren Teil des Einkommens nach Art. 93 Abs. 1 SchKG beanspruchen zu müssen (Art. 28 Abs. 2 KKG).
Gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. j KKG muss der Vertrag den pfändbaren Teil des Einkommens, der der Kreditfähigkeitsprüfung nach Art. 28 KKG zu Grunde gelegt worden ist, angeben. „Einzelheiten“ können in einem vom Konsumkreditvertrag getrennten Schriftstück festgehalten werden, das einen integrierenden Bestandteil des Vertrags bildet. Diese in Art. 9 Abs. 2 lit. j KKG explizite Erwähnung der „Einzelheiten“ und der Möglichkeit, dass dafür ein vom Vertrag getrenntes jedoch integrierender Bestandteil bildendes - Schriftstück verwendet werden darf, ergibt nur dann einen Sinn, wenn der „pfändbare Teil des Einkommens“, also das Ergebnis der Berechnung, in der Konsumkreditvertragsurkunde selber, vorliegend im „Barkredit Vertrag“, genannt wird.
Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des KKG wird klar, dass dem Konsumenten auf einen Blick vor Augen geführt werden soll, wie hoch die Monatsraten sind und welche finanziellen Mittel ihm überhaupt zur Verfügung stehen, um die Raten abzubezahlen. Dies ist in dem Sinne nur möglich, wenn der pfändbare Teil des Einkommens und die Höhe der abzuzahlenden Raten auf ein und derselben Seite neben untereinander aufgeführt werden (vgl. in diesem Sinne auch Roncoroni, Konsum auf Pump, Das Recht, Kommentar des Bundesgesetzes über den Konsumkredit (KKG) für die Praxis, Berner Schuldenberatung [Hrsg.], Bern 2011, S. 23; Koller-Tumler, a.a.O., S. 30 f.).
7. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin genügt es somit nicht, dass der pfändbare Teil des Einkommens in einem separaten Schriftstück - der Budgetberechnung genannt wird. Die Budgetberechnung wird von den Parteien selber als „integrierender Bestandteil“ des Barkreditvertrages bezeichnet. Ein solcher Hinweis wäre überflüssig, wenn die Budgetberechnung gewissermassen Seite 2 des Hauptdokuments wäre. Die Beschwerdeführerin war sich somit bewusst, dass es sich bei der „Budgetberechnung“ um das gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. j KKG vom Vertrag getrennte Schriftstück handelt.
8. Der von der Beschwerdeführerin als Rechtsöffnungstitel eingereichte Konsumkreditvertrag ist somit nichtig (Art. 9 Abs. 2 lit. j i.V.m. Art. 15 KKG), weshalb keine Rechtsöffnung für die Verzugszinsen erteilt werden kann.
( )


Hinweis:
Der Entscheid ist rechtskräftig.



Quelle: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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